Research
Meine bisherigen Forschungsfelder lassen sich in drei Bereiche einteilen: (a) transnationale Beziehungen der Gegenwart und Vergangenheit, (b) transatlantische Beziehungen mit Fokus auf deutsch-amerikanische Zusammenarbeit und (c) europäische Geschichte der Neuzeit (17.-19. Jahrhundert) mit Vertiefung in deutscher, französischer und deutsch-französischer Geschichte.
Meine Bachelorarbeit habe ich in Geschichte zur Fronde im Frankreich des 17. Jahrhunderts geschrieben. Die Einleitung finden Sie unten.
Der Deutsch-Französische Master in Geschichtswissenschaften an der Uni Heidelberg und der EHESS ist ein Forschungsmaster. Für zwei bis drei Jahre arbeiten Studierende an ihren eigenen Forschungsprojekten. Ich widme mich unter der Betreuung von Cécile Vidal in Paris und Sven Externbrink in Heidelberg der deutschen (pfälzischen) Migration ins französische Louisiana im 18. Jahrhundert.
Bachelorarbeit
Rollenkonflikte in der Fronde. Condé und Mazarin 1648–1653
Note: 1,0
Einleitung:
Si vous continuez dans vos opiniâtrerez, je vous déclare que je m’assurerai de votre personne, à celle fin que mes soldats vous exposent à la teste des armées comme Holopherne, & je ne perdrai pas un moment pour le soulagement de la France, qui est ruinée, de tous côtes par vos volleries (sic). Esuitez[1] cet orage autrement je vous ferai voir que je suis & serai jusques à la dernière goutte de mon sang,
Votre juste ennemie, Louis de Bourbon[2]
Trotz dieser mahnenden Worte Condés an den Ersten Minister Frankreichs Jules Mazarin (1643–1661) eskalieren 1652 die als Fronde[3] bezeichneten innenpolitischen Spannungen in Frankreich zum offenen Bürgerkrieg. Der von 1648 bis 1653 andauernde Konflikt, in dessen Zentrum die Opposition verschiedener gesellschaftlicher Gruppen gegen die Regentschaft Annas von Österreichs und Jules Mazarin steht, vollzog sich in unterschiedlichen Phasen. Die parlamentarischen Forderungen in der ersten Phase und der Bürgerkriegszustand im Jahr 1652 wurden in der historiographischen Forschung lange Zeit zum Anlass genommen, die Fronde als „revolution manquée“ vor der französischen Revolution 1789 zu interpretieren.[4] Doch auch in der modernen Forschung wird dem Jahr 1652 eine Schlüsselrolle zugewiesen, wie der gleichlautende Titel der aktuellsten Arbeit zur Fronde von David Parrott (2020) unschwer erkennen lässt. Der englische Historiker charakterisierte dieses „Krisenjahr“ als zentral für den Ausgang des Bürgerkrieges 1648–1653 in Frankreich und somit auch für die Entwicklung des französischen Staates hin zur „absoluten“[5] Herrschaft Ludwigs XIV charakterisiert. Im Zentrum des Konfliktes stehen sich ab der Fronde des Princes 1650/51 in erster Linie der erste Prinz von Geblüt Louis II de Bourbon-Condé und der italienische Kardinal-Minister der Regentin Anna von Österreich, Jules Mazarin gegenüber. Die vorangestellten Zeilen des Briefes von Condé an Mazarin aus dem Jahr 1652 reißen drei Themen an: Mazarin habe Condé zufolge Frankreich mit seinen Verrücktheiten von allen Seiten zerstört; wenn er nicht endlich von seinen Überzeugungen abrückt, werde Condé dem mit Waffengewalt ein Ende setzen; außerdem sei Condé Mazarins rechtmäßiger Feind. Der Kern des Konfliktes kann vereinfacht als Machtkampf zwischen zwei im Widerspruch zueinanderstehenden Positionen gedeutet werden. Eine ähnliche Konstellation hatte es jedoch bereits zuvor gegeben: Zwischen Kardinal Richelieu und Henri II. de Bourbon-Conde. Zu einem landesweiten Bürgerkrieg war es damals, aller Ähnlichkeiten zum Trotz, nicht gekommen. Die vorliegende Arbeit nimmt sich vor diesem Hintergrund der Fragestellung an, warum es nach einer Phase der Zusammenarbeit Condés und Mazarins 1649 zum Bruch und einem offenen Konflikt kam. Um die Ursachen dieser als Fronde des Princes bezeichneten Phase nachzuvollziehen, bedarf es daher eines theoretischen Modells, dass die individuellen Verhaltensweisen der zentralen Akteure Jules Mazarin und Louis II. de Bourbon-Condé zu erklären vermag. Die in der vorliegenden Arbeit vorgenommenen Analyse der Abläufe 1649/50 verfolgt das Ziel, die Hintergründe des Ausbruchs der Fronde des Princes 1649/50 anhand detailorientierter akteurszentrierter Quellenarbeit nachzuvollziehen.
Im Folgenden werden zunächst die Rollentheorie und die aus ihr abzuleitenden Implikationen für den Konflikt zwischen Mazarin und Condé dargelegt. Darauf folgt eine Einordnung in den bisherigen Forschungsstand zur Fronde einerseits und speziell zu Mazarin andererseits. Eine umfangreiche Rollenanalyse beider Akteure hätte den Rahmen dieser Arbeit gesprengt, weshalb vor allem die Rolle Mazarins ausführlicher behandelt wird. Eine Analyse seiner Welt- und Wertvorstellungen, die sein Verhalten als Erster Minister ebenso beeinflussten wie die an ihn herangetragenen Erwartungen, bedarf einer Betrachtung beider Lebenshälften: seiner italienischen und seiner französischen. Nach einer ausführlichen Erarbeitung der Rolle Mazarins als Erster Minister und einer knappen Darstellung der Hintergründe der Fronde 1648–53 werden die Abläufe im Jahr 1649/50 anhand der gewonnenen Erkenntnisse analysiert. Abschließend wird die Anwendung der Rollentheorie als sozialwissenschaftlicher Ansatz auf diese geschichtswissenschaftliche Fragestellung bewertet.
[1] Im Sinne von arrêtez oder terminez.
[2] Zitiert nach Deldicque, De la Fronde au service du roi d’Espagne, S. 71.
[3] Die Bezeichnung Fronde für die Ereignisse zwischen 1648 und 1653 ging auf eine spontane Begriffsschöpfung im Sinne einer Opposition einer Gruppe unorganisierter Unzufriedener gegen eine Regierung oder Autorität im Allgemeinen zurück. Als fronde wurde ursprünglich eine Wurfschleuder bezeichnet, mit der Kinder in den Wallgräben von Paris spielten. Das daraus abgeleitete Verb fronder umschrieb ab den 1640er Jahren Meinungsäußerungen und Aktivitäten gegen den Hof, was sich zahlreichen Belegen aus den Jahren 1648/49 entnehmen lässt. Der Begriff frondeurs für die opponierenden Anhänger des Parlaments weitete sich im Laufe der Ereignisse, auf alle politischen Parteiungen und Gruppierungen, die sich gegen Mazarin bzw. den Hof positionierten, aus. In den offiziellen Dokumenten wurden die Vorgänge hingegen als mouvements bezeichnet. Bereits gegen Ende des 17. Jahrhunderts hatte sich der Begriff Fronde zur Beschreibung der Ereignisse von 1648-1653 fest etabliert (vgl. Malettke, Aspekte der Fronde, S. 27f.; Parrott, 1652, S. 2).
[4] Madelin, Révolution manquée.
[5] Zur Begriffsdebatte des „Absolutismus“ siehe vergleichend Baumgart, Absolutismus ein Mythos?; Duchhardt, Absolutismusdebatte.
Quellen- und Literaturnachweise:
Baumgart, Absolutismus ein Mythos?| Peter Baumgart, Absolutismus ein Mythos? Aufgeklärter Absolutismus ein Widerspruch? Reflexionen zu einem kontroversen Thema gegenwärtiger Frühneuzeitforschung, in: Zeitschrift für Historische Forschung 27: 4 (2000), S. 573-589.
Deldicque, De la Fronde au service du roi d’Espagne| Mathieu Deldicque, De la Fronde au service du roi d’Espagne. Le destin du dernier prince baroque, in: ibid. (Hg.), Le Grand Condé. Le rival du Roi-Soleil?, Gand 2016, S. 64–77.
Duchhardt, Absolutismusdebatte| Heinz Duchhardt, Die Absolutismusdebatte – eine Antipolemik, in: Historische Zeitschrift 275: 1 (2002), S. 323-332.
Madelin, Révolution manquée| Louis Madelin, Une Révolution manquée. La Fronde. Conférences prononcées à la „Société des Conférances“ en 1931, Paris 1931.
Malettke, Aspekte der Fronde | Klaus Malettke, Wirtschaftliche, soziale und politische Aspekte der Fronde (1648-1653), in: ibid. (Hg.), Soziale und politische Konflikte im Frankreich des Ancien Régime, Berlin 1982 (Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin), 24–65.
Parrott, 1652| David Parrott, 1652. The Cardinal, the Prince, and the Crisis of the Fronde, New York 2020.